Bundeskriminalamt (BKA)

Lack- und Glasspuren können zur Aufklärung beispielsweise von Fahrerflucht- und Eigentumsdelikten beitragen. Das folgende Fallszenario zeigt die typische Arbeit der Lack- und Glasexperten im Kriminaltechnischen Institut des BKA.

Ein Fahrradfahrer wird von einem Pkw erfasst und beim Aufprall auf die Windschutzscheibe schwer verletzt. Der Fahrer des Pkw flüchtet. Am Fahrrad werden Lackpartikel festgestellt, deren kriminaltechnische Untersuchung zur erfolgreichen Fahndung und Sicherstellung des tatrelevanten Pkw führt. Der Fahrzeughalter bestreitet allerdings, das Fahrzeug benutzt zu haben. Diverse Bekleidungstücke des Halters, u. a. eine Hose, werden beschlagnahmt. An der Hose festgestellte Glassplitter werden vergleichend mit Glas von der Windschutzscheibe untersucht.

Lackuntersuchung

Zunächst ein typischer Fall für die Lack-Experten, die unter hohem Zeitdruck Laborergebnisse erarbeiten und sie mit Sammlungsinformationen aus EUCAP (European Collection of Automotive Paint) vergleichen. Denn nur schnelle Fahndungshinweise zu Automarke, Modell, Decklackfarbe und Baujahr eines möglicherweise tatrelevanten Pkw sind wirklich wirksam. EUCAP beinhaltet mehrere Zehntausend Originallackproben, Produktinformationen und Analysedaten der Beschichtungsstoffe von über zwanzig verschiedenen europäischen und japanischen Automobilkonzernen, teilweise ab Baujahr 1975. EUCAP ist Wissenspool und Bewertungshilfe bei der Überprüfung möglicher am Unfall beteiligter Fahrzeuge mittels Lackvergleichsuntersuchungen. Im Rahmen der engen Kooperation mit Kanada und den USA besteht ferner Zugriff auf Analysedaten nordamerikanischer Automarken.

Mit Hilfe verschiedener lichtmikroskopischer Verfahren können die morphologischen und visuellen Merkmale der einzelnen Lackschichten wie beispielsweise Anzahl, Dicke und Farbe sowie die Art, Form, Größe und Verteilung von Pigmenten und Füllstoffen bestimmt werden. Erst die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen, denen zum Teil eine aufwändige Probenpräparation vorangeht, gestatten einen zuverlässigen Vergleich mit den archivierten Daten aus EUCAP.

Glasuntersuchung

Glasvergleichsuntersuchungen beginnen standardmäßig mit der mikroskopischen Vorprüfung. Dabei werden die für weitere Vergleichsuntersuchungen geeigneten Spurenpartikel ausgewählt. Auch das Vergleichsmaterial muss in der Regel erst vorbereitet werden. Es folgt die Bestimmung der Brechungsindizes nach einer speziell für die kriminaltechnische Fallarbeit optimierten Methode, die durch sehr genaue Messungen die Unterscheidung einer Vielzahl von Gläsern ermöglicht.

Eine weiterführende Methode vergleicht die Gläser auf Basis modernster Elementanalytik, der induktiv gekoppelten Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) mit Laserablation. Jedes Material besitzt eine ihm typische atomare Zusammensetzung, die wie ein "Elementfingerabdruck" zum Vergleich der Asservate untereinander herangezogen werden kann. Ein hochenergetischer Laserstrahl verdampft dabei zunächst eine winzige Menge des Glases, wodurch eine Art „Krater“ in der Probe entsteht. Ein etwa 7.000°C heißes Plasma zerlegt das verdampfte Material in Atome und anschließend in Ionen, die massenspektrometrisch bestimmt werden. Die Entscheidung also, ob die Glassplitter auf der Hose des Fahrzeughalters aus der Windschutzscheibe stammen können, hängt von der Ähnlichkeit der Elementprofile ab.

Bildergalerie Lack- und Glasspuren