Bundeskriminalamt (BKA)

Autorenerkennung

Die Auswertung geschriebener Sprache ist eine vergleichsweise wenig bekannte, aber schon lang praktizierte kriminaltechnische Methode im Fachbereich Sprache, Audio des BKA. Sie ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn Straftaten mittels Texten begangen werden. Dies trifft vor allem auf Erpressungen, Bedrohungen und Beleidigungen zu. In allen drei Fällen erfüllt eine spezifische Sprachverwendung den Straftatbestand. Aus diesem Grund bilden Erpresserbriefe, Drohschreiben und Verleumdungen das einschlägige Untersuchungsmaterial der Autorenerkennung.

Weitere typische Untersuchungsmaterialien stellen Texte dar, die im Kontext einer Straftat relevant sind, z. B. weil sie eine Straftat zum Inhalt haben oder an einem Tatort bzw. bei einem Opfer gefunden wurden. Hierunter fallen Schreiben des rechten und linken extremistischen Spektrums (wie Bekennungen, Positionspapiere, Schmähschriften), Bezichtigungen und Hinweisgeberschreiben. Alle weiteren Texte gehören einem äußerst breitgefächerten Deliktspektrum an, da schriftliche Äußerungen im Prinzip bei jeder Straftat – sei es Mord, Kindesmissbrauch, Wirtschaftsspionage, Drogenhandel, Urkundenfälschung oder Computersabotage – eine Spur darstellen können, deren Auswertung zur Strafverfolgung beiträgt.

Tatschreibensammlung

Seit 1990 und auf der Grundlage des gesetzlichen Auftrages des BKA führt der Bereich Autorenerkennung des Kriminaltechnischen Instituts eine Sammlung inkriminierter Texte, d. h. von Texten, die anonym versendet wurden oder bei denen die Autorschaft in Zweifel gezogen wurde. Diese Sammlung wird kontinuierlich erweitert. Mit dem Expertensystem KISTE, dem Kriminaltechnischen Informationssystem Texte, werden alle eingehenden Texte sprachwissenschaftlich aufbereitet, mit ihren Daten systematisiert und archiviert. So ergeben sich vielfältige Auswertemöglichkeiten wie Recherchen, Wortverwendungsabgleiche und Ähnlichkeitsanalysen, die es erlauben, Tat- und Autorzusammenhänge zwischen verschiedenen strafrechtlich relevanten Texten der Sammlung aufzudecken.

Methodik

Die methodische Grundlage der Autorenerkennung bildet die Fehler- und Stilanalyse. Mit dieser linguistischen Methode werden sprachliche Merkmale von Texten erhoben und interpretierbar gemacht. Die Fehler- und Stilanalyse erfolgt auf allen sprachlichen Ebenen, wodurch Texte umfassend beschrieben werden können und die Differenzierung zwischen verschiedenen Autoren ermöglicht wird.

Untersuchungsverfahren
(akkreditiert nach DIN EN ISO 17020)

Die linguistische Textanalyse wird zumeist zur Unterstützung aktueller Ermittlungen beantragt. Sie hat zum Ziel, einen Autor im Hinblick auf biografische Merkmale wie Herkunft, Alter, Bildung und Tätigkeit zu klassifizieren. Es wird kein psychologisches Profil erstellt.

Der linguistische Textvergleich ist ein Verfahren, bei dem mehrere Texte einander gegenübergestellt werden, um zu einer Aussage über Autoridentität bzw. -nichtidentität zu gelangen. Diese Untersuchungsmethode kann zum Nachweis oder zum Ausschluss einer Straftatbeteiligung beitragen und wird vorrangig von Gerichten angefordert. Aber auch für Ermittlungen besitzt der Textvergleich Relevanz, wenn über den Vergleich mehrerer anonymer Texte Straftatzusammenhänge aufgedeckt werden sollen.

Die Sammlungsrecherche ist der Abgleich eines Tatschreibens mit inkriminierten Schreiben aus anderen Strafverfahren und wird bei jedem anonymen Text durchgeführt, der dem Bereich der Autorenerkennung zur Untersuchung vorliegt.