Bundeskriminalamt (BKA)

Die polizeiliche Bearbeitung von Vermisstenfällen in Deutschland

Das Bundeskriminalamt befasst sich seit seiner Gründung im Jahr 1951 als kriminalpolizeiliche Zentralstelle für die Bundesrepublik Deutschland mit der Bearbeitung von Vermisstenfällen.

Aufgaben der "Vermisstenstelle" des BKA sind

  • die Fahndung nach vermissten Personen
  • die Identifizierung von unbekannten Leichen und
  • unbekannten hilflosen Personen.

Die Bearbeitung dieser drei Arbeitsfelder ist zusammengefasst, weil vermisste Personen in hilfloser Lage aufgefunden werden können oder die Identifizierung einer zunächst unbekannten Leiche aufgrund einer vorliegenden Vermissten-Meldung möglich wird.

Wann gilt eine Person aus polizeilicher Sicht als vermisst?

Wenn eine Person aus unerklärlichen Gründen von ihrem gewohnten Aufenthaltsort fern bleibt, wird sie in der Regel von Angehörigen oder Bekannten bei der Polizei als vermisst gemeldet.

Die Polizei leitet eine Vermissten-Fahndung ein, wenn

  • eine Person ihren gewohnten Lebenskreis verlassen hat,
  • ihr derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist und
  • eine Gefahr für Leib oder Leben (z. B. Opfer einer Straftat, Unfall, Hilflosigkeit, Selbsttötungsabsicht) angenommen werden kann.

Erwachsene

Erwachsene, die im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte sind, haben das Recht, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen, auch ohne diesen Angehörigen oder Freunden mitzuteilen. Es ist daher nicht Aufgabe der Polizei, Aufenthaltsermittlungen durchführen, wenn die oben beschriebene Gefahr für Leib oder Leben nicht vorliegt.

Sofern eine derartige Gefahrenlage gegeben ist, erfolgt die Fahndung nach vermissten Erwachsenen in der Regel zunächst mit dem Ziel der "Aufenthaltsermittlung". Wird der Aufenthaltsort des Vermissten festgestellt, wird die Person befragt, ob sie mit der Nennung ihres Aufenthaltsorts den Angehörigen gegenüber einverstanden ist. Die Angehörigen/Bekannten werden entsprechend dem Wunsch des Vermissten (mit oder ohne Bekanntgabe des Aufenthaltsorts) informiert. Sofern die Person wohlauf ist, sie nicht Opfer einer strafbaren Handlung wurde und sie keine strafbaren Handlungen begangen hat, wird der Fall für die Polizei mit der Ermittlung des Aufenthaltsortes beendet.

Minderjährige

Personen im Alter von bis zu 18 Jahren (Minderjährige) dürfen ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen. Bei ihnen wird grundsätzlich von einer Gefahr für Leib oder Leben ausgegangen. Sie gelten für die Polizei bereits als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthalt nicht bekannt ist.
Vermisste Minderjährige werden, wenn die Polizei sie antrifft, so lange in staatliche Obhut (z. B. in eine Jugendeinrichtung) genommen, bis eine Rückführung des Vermissten zum Sorgeberechtigten gewährleistet ist. Diese polizeiliche Maßnahme ist nicht mit einer Festnahme zu verwechseln, sie erfolgt zum Schutz der Minderjährigen.

Was veranlasst die Polizei in Vermisstenangelegenheiten?

Zuständigkeiten der örtlichen Polizeidienststelle

Die unmittelbare Personensuche

Die Schilderungen des Anzeigenerstatters dienen der Polizei als Grundlage für die Einschätzung der Gesamtsituation.

So kann es insbesondere bei unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben des Vermissten (z. B. Selbstmorddrohung) oder bei vermissten Kindern geboten sein, unmittelbar nach Eingang der Vermisstenmeldung - teilweise groß angelegte - Suchmaßnahmen einzuleiten.

Um eine großflächige Suche durchführen zu können, reicht sehr oft das Personal der örtlichen Polizei nicht aus. Deshalb werden in der Regel alle verfügbaren Kräfte aus den Hundertschaften der Bereitschaftspolizei und bei weiterem Bedarf auch die Hundertschaften anderer Bundesländer oder der Bundespolizei alarmiert. Die lokalen Rettungsdienste (Rotes Kreuz, Feuerwehr, THW) verfügen über die erforderliche Ortskenntnis und sind daher ebenfalls unverzichtbar.

Der Einsatz von Suchhunden, Hubschraubern mit Wärmebildkamera oder weiterem technischem Gerät ist bei schlecht zugänglichem Terrain oder während der Nacht ebenfalls denkbar.

Zuständig für die Sachbearbeitung einer Vermisstenangelegenheit sowie für die Erhebung von Identifizierungsmaterial ist grundsätzlich die Polizeidienststelle, in deren Bereich die vermisste Person ihren Wohnsitz oder letzten Aufenthaltsort hatte.

Fahndungsausschreibung im Informationssystem der Polizei INPOL

Die Personalien vermisster Personen werden im "Informationssystem der Polizei" (INPOL) erfasst und damit zur "Fahndung" ausgeschrieben. Auf dieses System haben alle deutschen Polizeidienststellen Zugriff. Wird die Person im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle überprüft, kann festgestellt werden, dass sie vermisst wird und welche Polizeidienststelle den Vorgang bearbeitet.

Zuständigkeiten des Bundeskriminalamtes (Interpol Wiesbaden/SIRENE Deutschland)

Inlandsfälle

Wird eine Person in Deutschland als vermisst gemeldet, erfolgt die Sachbearbeitung durch die örtlich zuständige Polizeidienststelle. Ergeben sich dort Hinweise, dass sich die Person im Ausland oder gar an einem bestimmten Ort im Ausland aufhalten könnte, wird ein Ersuchen um Mitfahndung über das Bundeskriminalamt an die Interpol- bzw. SIRENE Dienststellen dieser Länder gerichtet.

In begründeten Ausnahmefällen leitet die "Vermisstenstelle" des Bundeskriminalamts auf Ersuchen einer inländischen Polizeidienststelle eine weltweite Vermisstenfahndung ein, so dass alle Interpol-Mitgliedsländer über diesen Vermisstenfall informiert werden.

Für die Fahndung innerhalb der Schengen-Vertragsstaaten steht ein computergestütztes Erfassungs- und Abfragesystem zur Personen (-und Sachfahndung) das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) zur Verfügung.

Das BKA gibt die Ermittlungsergebnisse aus dem Ausland an die ersuchende Polizeidienststelle weiter.

Ersuchen aus dem Ausland

Das BKA ist in Deutschland das nationale Zentralbüro der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation "IKPO", besser bekannt als "Interpol". Ebenfalls beim BKA angesiedelt ist die SIRENE Deutschland, die für Auslandsersuchen aus Schengen-Staaten zuständig ist.

Bei Fahndungsersuchen ausländischer Staaten ist das BKA die zuständige deutsche Polizeidienststelle. Alle Fahndungsmaßnahmen, wie das Überprüfen von Spuren oder Hinweisen auf den möglichen Aufenthaltsort eines Vermissten in Deutschland, werden vom BKA eingeleitet und koordiniert.

Das Ergebnis der Überprüfungen wird auf dem gleichen Weg an die ausländische Interpol-bzw. SIRENE-Dienststelle weitergegeben.

Sofern die ersten Überprüfungen in Deutschland negativ verlaufen, wird die Person im INPOL als "vermisst" ausgeschrieben. Die weitere Sachbearbeitung in Deutschland liegt beim BKA.

Im Ausland vermisste Deutsche/Ausländer mit erstem Wohnsitz in Deutschland

Deutsche Staatsangehörige, die im Ausland leben oder sich dort als Touristen aufhalten oder Ausländer mit erstem Wohnsitz in Deutschland können im Ausland als vermisst gemeldet werden. In diesen Fällen wird das Bundeskriminalamt über die jeweilige deutsche Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) oder die Interpol- bzw. SIRENE-Dienststelle des Landes informiert. Die Vermisstenstelle des Bundeskriminalamtes bzw. die SIRENE Deutschland setzen die für den Wohnsitz zuständige deutsche Polizeidienststelle von diesem Vermisstenfall in Kenntnis und bittet um entsprechende Überprüfungen.

Sollte die vermisste Person nach Hause zurückgekehrt oder ihr Aufenthaltsort dort bekannt sein, wird die ausländische Interpol- bzw. SIRENE-Dienststelle darüber informiert. Die Vermisstenfahndung wird aufgehoben.

Kann der Aufenthaltsort des Vermissten nicht festgestellt werden, erfolgt die weitere Sachbearbeitung durch die zuständige deutsche Polizeidienststelle. Sie erhebt u. a. Identifizierungsmaterial (Fotos, Fingerabdrücke, Zahnschema) des Vermissten und stellt dies über das Landeskriminalamt und das BKA der ersuchenden Auslandsdienststelle zur Verfügung.

Gegebenenfalls werden noch weitere Staaten durch das Bundeskriminalamt in die Fahndung nach der vermissten Person einbezogen.

Datei für Vermisste, Unbekannte Tote und unbekannte Hilflose ("Vermi/Utot")

Durch die Eingabe der Daten einer vermissten Person in das INPOL erfolgt automatisch die Aufnahme in die Datei "Vermi/Utot". Diese Datei enthält die Daten sämtlicher in Deutschland gemeldeten

  • aktuellen Vermisstenfälle,
  • Fälle unbekannter Toter,
  • Fälle nicht identifizierter hilfloser Personen sowie
  • die dem BKA gemeldeten ausländischen Fälle.

Auf die 1992 in Betrieb genommene Datei haben jeweils die Vermisstenstellen des BKA sowie der 16 Landeskriminalämter Zugriff.

Ziel dieser Datei ist es, durch einen rechnergestützten Vergleich über die Beschreibung der Person und die Umstände des Falles Zusammenhänge zwischen vermissten Personen und unbekannten Leichen bzw. nicht identifizierten hilflosen Personen zu erkennen.

Wird bei einer Recherche in der Datei "Vermi/Utot" festgestellt, dass eine unbekannte Leiche/nicht identifizierte, hilflose Person mit einer vermissten Person identisch sein könnte, werden die beteiligten Dienststellen informiert. Sie führen einen direkten Abgleich der Beschreibungsmerkmale des jeweiligen Gegenparts durch.

Reichen die vorhandenen Merkmale für eine zweifelsfreie Identifizierung nicht aus, erfolgt ein DNA-Abgleich. Ist die Identität eines Vermissten mit einer unbekannten Leiche/nicht identifizierten hilflosen Person nachgewiesen, werden die Angehörigen benachrichtigt. Alle betroffenen Daten werden aus der Datei gelöscht. Die Datei enthält grundsätzlich nur aktuelle Fälle.

Wie viele Personen werden in Deutschland vermisst?

Am 01.01.2024 waren in "INPOL" insgesamt rund 9.832 Fälle vermisster Personen in Deutschland registriert. In dieser Zahl sind sowohl Fälle vermisster Personen enthalten, die sich innerhalb weniger Tage aufklären, als auch über viele Jahre/Jahrzehnte Vermisste, deren Aufenthaltsort/Verbleib nicht festgestellt werden konnte.

Täglich werden jeweils etwa 200 bis 300 Fahndungen neu erfasst, etwa die gleiche Anzahl wird wegen Erledigung gelöscht.

Erfahrungsgemäß erledigen sich etwa 50 % der Vermissten-Fälle innerhalb der ersten Woche. Binnen Monatsfrist liegt die "Erledigungs-Quote" bereits bei über 80%. Der Anteil der Personen, die länger als ein Jahr vermisst werden, bewegt sich bei nur etwa 3 %.

Mehr als zwei Drittel aller Vermissten sind männlich. Etwa die Hälfte aller Vermissten sind Kinder und Jugendliche. Für ihr Verschwinden gibt es die unterschiedlichsten Gründe (Probleme in der Schule oder mit den Eltern, Liebeskummer etc.).

Falls eine Vermisstensache nicht aufgeklärt wird, bleibt die Personenfahndung bis auf Widerruf bestehen.

Die in den nachfolgenden Rubriken aufgeführten Zahlen wurden jeweils am 01. Januar des jeweiligen Jahres erhoben.

Erstmalig mit den Fallzahlen für das Jahr 2020 erfolgt die Erhebung auf Basis der im Informationssystem der Polizei „INPOL“ registrierten Vermisstenfälle. In den Vorjahren erfolgte die Auswertung auf Datenbasis der „Vermi/Utot“, in der nur die Fälle von Personen berücksichtigt wurden, die länger als vier Stunden vermisst blieben.
Damit werden ab sofort alle durch die deutsche Polizei umgesetzten Vermisstenfahndungen, unabhängig von ihrer Laufzeit, ausgewiesen. Auf dieser Datenbasis können die Vermisstenzahlen rückwirkend ab dem Jahr 2018 dargestellt werden.

Folgendes ist im Zusammenhang mit der Auswertung statistischer Zahlen zu vermissten Personen grundsätzlich zu beachten:
Die Zahlen unterliegen Schwankungen. Sie können täglich variieren, da sich Fahndungen in der Zwischenzeit wieder erledigen, bzw. Fahndungsinhalte aktualisiert werden.
Daher können die aufgeführten Zahlen lediglich als Momentaufnahme dienen. Sie können sich in Abhängigkeit zum Abfragezeitpunkt ändern.

Vermisste Kinder (bis einschließlich 13 Jahre)

Alle Minderjährigen werden als vermisst betrachtet, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthalt (dem Sorgeberechtigten) unbekannt ist. Solange die Ermittlungen nichts anderes ergeben, wird vorsichtshalber von einer Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen ausgegangen.

Das Thema "vermisste Kinder" hat in der deutschen Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert. Durch die intensive Berichterstattung der Medien bei aktuellen Einzelfällen wird ein hohes Gefährdungspotenzial für alle Kinder suggeriert.

So entsteht mitunter der Eindruck, dass

  • die Anzahl nicht wieder aufgefundener Kinder bzw. nicht aufgeklärter Fälle dramatisch hoch sei,
  • eine maßgebliche Anzahl vermisster und nicht wieder aufgefundener Kinder Opfer sog. Kinderpornografie-Ringe seien und
  • die Polizei nicht genug unternehme, um dem Einhalt zu gebieten.

Die in den polizeilichen Datenbanken registrierten Zahlen zeigen jedoch ein anderes Bild:

In den Jahren 2018 bis 2023 schwankte die Zahl der pro Jahr vermissten Kinder zwischen rund 14.500 (2021) und 18.100 (2019). Im Jahresverlauf 2023 waren insgesamt rund 16.500 Kinder vermisst. Rund 15.800 Fälle vermisster Kinder haben sich im Jahresverlauf wieder erledigt. Die Aufklärungsquote liegt bei Betrachtung der vergangenen sechs Jahre bei 99,8 %.

Die noch nicht geklärten Fälle beinhalten auch Fälle von Kindesentziehung und Fälle sogenannter unbegleiteter Flüchtlingskinder, die aus ihren Unterbringungseinrichtungen abgängig sind. Ebenfalls enthalten sind auch Fälle von Dauerausreißern/Streunern (Kinder, die wiederholt weglaufen bzw. aus ihrem gewohnten Lebensumfeld verschwinden).

Am 11.01.2024 waren in Deutschland - gerechnet ab dem frühesten registrierten Vermisstendatum 01.02.1953 bis heute, wobei der „älteste“ registrierte Fall eines vermissten Kindes aus dem Jahr 1957 stammt - insgesamt rund 1.800 ungeklärte Fälle vermisster Kinder in der Datei "Vermi/Utot" erfasst. Mehr als zwei Drittel dieser Kinder sind unbegleitete Flüchtlinge (siehe gesonderte Rubrik), gehören zu den sogenannten Dauerausreißern/Streunern oder wurden ihren Sorgeberechtigten entzogen.

Auslöser für Kindesentziehungen sind Streitigkeiten der Eltern über die Ausübung des Sorgerechts, insbesondere wenn die Eltern aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Die der Polizei angezeigten Fälle von Kindesentziehung werden als "Vermisstenfälle" erfasst, solange eine Gefahr für die Kinder im polizeilichen Sinn nicht ausgeschlossen werden kann. In aller Regel besteht in diesen Fällen jedoch keine Gefahr für die Kinder, da sie sich während ihrer "Abwesenheit" in der Obhut eines Erwachsenen befinden, zu dem sie eine enge Bindung haben.

Bei dem verbleibenden Teil der vermissten Kinder ist zu befürchten, dass diese Opfer einer Straftat oder eineeises Unglücksfalls wurden, sich in einer Situation der Hilflosigkeit befinden oder nicht mehr am Leben sind.

Insgesamt ist festzuhalten, dass tagtäglich zwar viele Kinder als vermisst gemeldet werden, jedoch der Anteil der Kinder, deren Verbleib auch nach längerer Zeit nicht geklärt werden kann, sehr gering ist.

Vermisste Jugendliche (14-17 Jahre)

In den Jahren 2018 bis 2023 schwankte die Zahl der pro Jahr vermissten Jugendlichen zwischen rund 69.400 (2021) und 87.300 (2018). Im Jahresverlauf 2023 waren insgesamt rund 77.700 Jugendliche vermisst. Rund 75.000 Fälle vermisster Jugendlicher haben sich im Jahresverlauf wieder erledigt. Die Aufklärungsquote liegt bei Betrachtung der vergangenen sechs Jahre bei 97,6 %.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (bis einschließlich 17 Jahre)


Zahlen zu vermissten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) können ausschließlich über die Datei „Vermi/Utot“ erhoben werden, da nur hier eine entsprechende Kennzeichnung der Datensätze mit dem Schlagwort „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ erfolgt. Die aktuell veröffentlichten Daten wurden am 11.01.2024 erhoben.

Das Phänomen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF) ist ein Thema, das auch die deutsche Polizei beschäftigt. Dies gilt insbesondere seit Herbst 2015, als eine große Flüchtlingswelle auf Deutschland traf. Insgesamt hat sich die Situation stark beruhigt. Dies spiegeln auch die Fallzahlen der vergangenen Jahre deutlich wider.

Lag die Zahl vermisster UMF im Jahr 2016 noch bei rund 9.700, nahm die Gesamtzahl in dieser Vergleichsgruppe bis zum Jahr 2020 mit rund 1.500 Fällen kontinuierlich ab. Im Jahr 2021 steigt die Gesamtzahl erstmalig wieder auf rund 2.000. Eine Erklärung hierfür könnte in der auch in dieser Altersgruppe gestiegenen Anzahl der Asylanträge im Jahr 2021 liegen. Liegt die Zahl der im Jahresverlauf vermisst gemeldeten UMF im Jahr 2022 noch bei rund 2.800, steigt sie im Jahr 2023 auf rund 4.200 massiv an.

Der Aufwärtstrend könnte mit der Aufhebung verschiedener einschränkender Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Situation und dem anhaltenden Flüchtlingsstrom nach Deutschland, u.a. bedingt durch den Russland-Ukraine-Krieg, zusammenhängen. Auch die Gesamtzahl der Vermisstenfälle in Deutschland ist, unabhängig von der Herkunft der Betroffenen, im Vergleich zum Vorjahr weiter angestiegen.

Die häufigste Ursache für das Verschwinden ist das freiwillige Verlassen zugewiesener Unterkünfte, um beispielsweise Familienangehörige oder Bekannte im Ausland aufzusuchen. Bei einem Teil der Betroffenen wird auch eine Rückreise ins Herkunftsland als Grund des Verschwindens angenommen. Überprüfungen in den unterschiedlichen Ländern gestalten sich häufig schwierig und führen nicht zum Ergebnis.

Die Aufklärungsquote pendelt zwischen ca. 65 % (2021) und rund 97,5 % (2018). Im Jahr 2023 liegt die Aufklärungsquote bei rund 71 %. Ein Teil der in Deutschland vermisst gemeldeten UMF wurde im Ausland wieder angetroffen.

Im Jahresvergleich macht die Zahl der vermissten UMF mit insgesamt jeweils ca. 2-3 % einen sehr geringen Teil bezogen auf die Gesamtzahl aller in der „Vermi/Utot“ registrierten in Deutschland vermissten Personen aus.

In dieser Vermissten-Kategorie dominieren regelmäßig die Jugendlichen (14-17 Jahre) mit über 94 %. Über 94 % der vermissten UMF sind männlich.

Die am häufigsten betroffenen Herkunftsländer der vermissten UMF sind Syrien, gefolgt von Afghanistan, Marokko und Algerien.

Besonderer Hinweis zu den Vermisstenzahlen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge:

Aufgrund verschiedener Problematiken, wie beispielsweise der Mehrfacherfassungen bedingt durch unterschiedliche Schreibweisen eines Namens, fehlender Personalpapiere oder eine fehlende erkennungsdienstliche Behandlung, ist eine genaue Erhebung der tatsächlich vermissten UMF nicht möglich. Die angegebenen Zahlen können daher lediglich als Annäherung dienen.

Auch zukünftig wird somit eine zuverlässige Aussage zu diesem Personenkreis aus diesen Gründen nicht möglich sein.

Suche nach Angehörigen oder Bekannten

Die Polizei in Bund und Ländern wird oft von Privatpersonen gebeten, bei der Suche nach Angehörigen, wie z. B. (Groß-)Eltern, Geschwistern oder ehemaligen (Schul-)Freunden zu unterstützen.

Die Polizei ist aber nur dann in der Lage zu helfen und Maßnahmen zu veranlassen, wenn die Vermisstenkriterien erfüllt sind. Häufig fehlt es an der geforderten Vermissteneigenschaft, da insbesondere keine Gefahr für Leib oder Leben der gesuchten Person vorliegt.

Nicht selten haben sich die Gesuchten in derartigen Fällen bewusst aus ihrem Verwandten- und/oder Bekanntenkreis abgesetzt, ohne eine Erreichbarkeit zu hinterlassen.

In diesen Fällen verweist die Polizei an andere Institutionen (z. B. Suchdienste).