Bundeskriminalamt (BKA)

Schleusungskriminalität

Schleusung

Mit Schlagzeilen wie „Schleuser setzt 21 Personen an Rastplatz an der BAB 4 ab“ oder „13 Leichen in Kühllaster entdeckt“ rückt ein Phänomen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, hinter dem viel Leid, viele Gefahren und auch hohe illegale Gewinne stehen.

Die Ursachen dafür, dass Menschen ihr Herkunftsland verlassen, sind vielfältig, doch ist ihnen allen gemeinsam, dass sie auf eine Verbesserung der Lebenssituation hoffen. Hierzu gehören insbesondere Schutz vor Verfolgung, weniger Armut, mehr Bildung und ein höherer Lebensstandard.

  • Was steckt hinter dem Begriff der Schleusung?
  • Welche Strafe erwartet die Täter?
  • Wie sind die Tatbegehungsweisen?
  • Welche Aufgaben hat das BKA in diesem Zusammenhang?

Fragen, die uns regelmäßig erreichen. Deshalb haben wir die nachfolgenden Informationen für Sie zusammengestellt:

Definition Einschleusen

Unter Einschleusen versteht man das Herbeiführen der unerlaubten Einreise einer Person in einen Staat, in dem diese keinen Aufenthaltsstatus besitzt. Das Ziel der Schleuser ist dabei vorrangig das unmittelbare oder mittelbare Erlangen eines finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteils.
Das „Herbeiführen“ besteht in der Regel aus einer Hilfeleistung (Fahrdienst, Bereitstellung von falschen Dokumenten, Reiseorganisation, Unterbringung, …) zur unerlaubten Einreise oder zum unerlaubten Aufenthalt.

Straftatbestand und Strafandrohung

Die unerlaubte Einreise und der unerlaubte Aufenthalt nach bzw. in Deutschland sind nach § 95 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) strafbar. Wer sich in Deutschland ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel aufhält, ist zudem ausreisepflichtig und hat das Bundesgebiet zu verlassen.

Der Tatbestand des Einschleusens ist in §§ 96 AufenthG „Einschleusen von Ausländern“ und 97 AufenthG „Einschleusen mit Todesfolge; gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen“ des Aufenthaltsgesetzes unter Strafe gestellt.

In Fällen des § 96 AufenthG drohen Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und zehn Jahren, in minder schweren Fällen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen. Bei Taten gemäß § 97 AufenthG drohen Freiheitsstrafen zwischen einem und 15 Jahren, in minder schweren von einem Jahr bis zu zehn Jahren (Einschleusen mit Todesfolge) bzw. von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen).

Tatbegehungsweisen

Schleusungen werden einerseits offen durchgeführt, z. B. durch Visumerschleichungen oder durch Begleitung eines Passagiers in einem Flugzeug, und finden andererseits versteckt als sogenannte Behältnisschleusungen statt.

Je nach Art und Weise der Schleusung bestehen für die Geschleusten erhebliche Gefahren für Leib und Leben. Bei Schleusungen in Behältnissen, wie Waren- oder Kühlcontainern, oder speziell in Lkw und Kleintransportern verbauten, weitgehend luftdichten Verstecken reichen diese vom Verletzungsrisiko bei Verkehrsunfällen über eine mögliche Kontaminierung mit Gefahrenstoffen bis hin zum Erstickungstod. Sehr häufig leiden die Geschleusten unter Dehydrierung und Sauerstoffmangel.

Bei der offenen Schleusung mittels Flugzeugs werden häufig ge- oder verfälschte, aber auch missbräuchlich genutzte Dokumente zur Verschleierung der Identität eingesetzt.

Bei der Scheinehe und Scheinvaterschaft versuchen Schleuserorganisationen die Behörden über die Beziehung zweier Personen zu täuschen, um einen privilegierten Aufenthaltsstatus für die ausländische Person zu erlangen, den diese ansonsten nicht bekommen würde. Dabei wird die Eheschließung mit einer unautorisiert ausgestellten Heiratsurkunde vorgetäuscht oder die Betroffenen reisen für eine tatsächliche Eheschließung in einen EU-Mitgliedstaat, der ein liberales Eherecht beziehungsweise möglichst geringe behördliche Hürden aufweist. Bei Scheinvaterschaften wird formal die Vaterschaft für ein fremdes ungeborenes Kind anerkannt.

Die Rolle von Social Media und Messengerdiensten bei der Kontaktaufnahme zwischen Schleusenden und Migranten hat über die letzten Jahre kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Hier werden Schleusungen sowohl über private Accounts, als auch über offene und geschlossene Gruppen, wie zum Beispiel bei Facebook und Telegram angeboten.

Schleusernetzwerke sind heterogen organisiert. Es gibt lose Netzwerke, die zum Teil miteinander kooperieren, Residenten, welche die Aktivitäten auf einer Etappe koordinieren, und angeworbene Schleuser der untersten Ebene, die das höchste Entdeckungsrisiko tragen.

Schleuserleistungen können umfassen:

  • Anwerbung (Agenturen, Soziale Netzwerke)
  • Unterbringung, Versorgung
  • Transport/Begleitung (u. a. Boot, Fahrzeug, Zug, zu Fuß)
  • „Reisehinweise“
  • Informationen zu Asylverfahren (Asylgründe)
  • Verschaffen von echten oder ge-/verfälschten Dokumenten (Pässe, Visa, aber auch Personenstandsurkunden, Arbeitsverträge, Mietverträge)

Die Höhe des Betrages, den die Schleuser verlangen, hängt von zahlreichen Faktoren ab und variiert von wenigen Hundert Euro für die Beschaffung eines Dokumentes bis hin zu 15.000 Euro für eine sog. „Garantieschleusung“ über mehrere Länder. Neben Angebot und Nachfrage sowie Aspekten wie der Route, der Art der Schleusung und des Entdeckungsrisikos gilt grundsätzlich: Je erfolgversprechender der Modus Operandi und je aufwändiger die Schleusung ist, desto teurer wird diese.

Bekämpfung der Schleusungskriminalität

Schleusungskriminalität ist ein komplexes, international verflochtenes und sehr dynamisches Kriminalitätsphänomen. Daher ist eine behördenübergreifende, internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung notwendig, deren Koordinierung in der Regel dem BKA als Zentralstelle der deutschen Polizei obliegt.

Wichtige internationale Partner sind hierbei Europol, Eurojust, Interpol sowie die Transit- und Herkunftsstaaten.

Darüber hinaus führt das BKA im Bereich der Schleusungskriminalität ermittlungsinitiierende und -begleitende Auswertungen zur Unterstützung der Landespolizeibehörden und der Bundespolizei, führt aber auch eigene Ermittlungsverfahren durch und leistet damit einen wichtigen Bekämpfungsbeitrag.

National arbeiten Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes, der Bundespolizei und der Generalzolldirektion im Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) zusammen. Hier werden ausschließlich strategische Erkenntnisse zum Gesamtphänomen Illegale Migration, innerhalb dessen auch der Aspekt Schleusungskriminalität eine Rolle spielt, gemeinsam analysiert.