Bundeskriminalamt (BKA)

Rockerkriminalität

Definition

Die Begriffe "Rockergruppe/Rockerkriminalität" sind wie folgt definiert:

Eine Rockergruppe ist ein Zusammenschluss mehrerer Personen mit strengem hierarchischem Aufbau, enger persönlicher Bindung der Gruppenmitglieder untereinander, geringer Bereitschaft, mit der Polizei zu kooperieren und selbst geschaffenen strengen Regeln und Satzungen. Die Zusammengehörigkeit der Gruppenmitglieder wird durch das Tragen gleicher Kleidung oder Abzeichen nach außen dokumentiert.

Rockerkriminalität umfasst alle Straftaten von einzelnen oder mehreren Mitgliedern einer Rockergruppe, die hinsichtlich der Motivation für das Verhalten im direkten Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe und der Solidarität zu sehen sind. Rockerkriminalität wird über die Motivation für die begangenen Straftaten, die in direktem Zusammenhang mit dem Motorradclub steht, definiert. Für die Zuordnung reicht die durch kriminalistische Erfahrung untermauerte Betrachtung des Tatgeschehens.

Rockergruppierungen

Polizeilich relevante Rockergruppierungen werden als Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) bezeichnet. In Deutschland werden hierzu in erster Linie der Hells Angels Motorcycle Club (HAMC), der Bandidos MC (BMC), der Outlaws MC (OMC) und der Gremium MC (GMC) sowie ihre Unterstützergruppierungen (Supporterclubs) gezählt.

Geschichtliches

Die OMCG entstanden Mitte des 20. Jahrhunderts aus einer Gruppe ehemaliger Mitglieder der U.S. Air Force, den "Pissed Off Bastards of Bloomington", die sich später in Hells Angels MC umbenannten und Vorbild für alle danach entstandenen Gruppierungen waren.

Strukturen und Organisation

Die Strukturen der unterschiedlichen Clubs sind nahezu identisch. Sie sind hierarchisch gegliedert und weisen ein strenges Reglement mit teilweise drastischen Strafandrohungen bei Regelverstößen auf. Die kleinste Organisationseinheit ist der Ortsverein. Dieser wird bei BMC, OMC und GMC als "Chapter", beim HAMC als "Charter" bezeichnet (nachfolgend: Chapter). Der Chaptername bezieht sich in Deutschland meist auf eine Region oder eine Stadt, in der der Club ansässig ist. Die Chapter sind in ihrer Region mehr oder weniger unabhängig, haben aber starke nationale und internationale Bindungen innerhalb der Gesamtorganisation.

Aktivitäten

Die zunächst legalen (Vereins–)Strukturen und die internationale Vernetzung von Rockergruppierungen bergen erhebliche Potenziale für eine kriminelle Nutzung. Macht- und Territorialinteressen werden gegenüber konkurrierenden Clubs mit hoher krimineller Energie durchgesetzt. Rockergruppierungen sind aber auch in bestimmten legalen Geschäftsbereichen wie dem Sicherheitsgewerbe, im Rotlichtbereich und mit Tattooshops aktiv.

Bezüge zur Organisierten Kriminalität

In Deutschland werden immer mehr Ermittlungsverfahren gegen Rockergruppierungen sowie gegen Angehörige von Rockergruppierungen geführt, in denen festgestellt wird, dass kriminelle Rockergruppierungen auch mit anderen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität zusammenarbeiten. Der Schwerpunkt liegt hierbei im Bereich Gewaltkriminalität sowie bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und das Waffengesetz (WaffG).

Straftaten

Der Großteil der von Angehörigen von Rockervereinigungen begangenen Straftaten liegt im Bereich der Rohheitsdelikte (gefährliche Körperverletzung, einfache Körperverletzung, räuberische Erpressung, Erpressung, Bedrohung). Hintergrund dieser Straftaten sind häufig traditionelle Feindschaften zwischen den Clubs.

Die Schwelle zum Einsatz von teilweise massiver Gewalt bis hin zur Begehung von Tötungsdelikten ist niedrig. Auch vor dem Gebrauch von Stich- und Schusswaffen - unter Inkaufnahme von Verletzungen unbeteiligter Dritter - wird nicht zurückgeschreckt. Im Verlauf von Konflikten zwischen zwei Gruppierungen kann sich die Gewalt rasch aufschaukeln und bis hin zu vorsätzlichen Tötungen führen.

Dunkelfeld

Im Phänomenbereich der Rockerkriminalität ist von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen. Der Verhaltenskodex der Rockergruppierungen verbietet ermittlungsfördernde Verhaltensweisen, insbesondere die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden. Die nicht vorhandene Aussagebereitschaft von Mitgliedern von Rockergruppierungen sowie Einschüchterungen und Bedrohungen von Zeugen führen dazu, dass Straftaten von Rockergruppierungen den Strafverfolgungsbehörden nur in Teilen bekannt werden.