Bundeskriminalamt (BKA)

Organisierte Kriminalität (OK)

Organisierte Kriminalität

Die bundesweite Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) hat im Mai 1990 die folgende Definition "Organisierte Kriminalität" entwickelt:

"Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig

  • unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
  • unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
  • unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken."

Das Bundeskriminalamt erstellt jährlich in Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern, der Bundespolizei und dem Zollkriminalamt auf Basis der Definition „Organisierte Kriminalität“ das gleichnamige Bundeslagebild. Es bildet die Ergebnisse polizeilicher Strafverfolgungsaktivitäten im Bereich der Organisierten Kriminalität ab und stellt eine Beschreibung des Hellfeldes, also der polizeilich bekannt gewordenen Kriminalität dar. Es trägt dazu bei, die Gefahren der OK für Staat und Gesellschaft herauszustellen.

Italienische Organisierte Kriminalität (IOK)

Deutschland wird von Angehörigen bzw. Unterstützern der Italienischen Organisierten Kriminalität hauptsächlich in den Bereichen der Rauschgift-, Fälschungs-, Eigentums- und Wirtschaftskriminalität als Aktionsraum genutzt, dient aber darüber hinaus auch als Flucht-, Ruhe-, Rückzugs- und Investitionsraum.

Die einzelnen Gruppierungen der Italienischen OK weisen einen hohen Organisations- und Professionalisierungsgrad auf.

Im Fokus der Betrachtungen zur Italienischen Organisierten Kriminalität in Deutschland stehen in erster Linie die vier klassischen Formen von kriminellen Gruppierungen nach "Art der Mafia", welche ihre Ursprünge in Süditalien haben.

Sizilianische Mafia, z. B. Cosa Nostra

Die Cosa Nostra ist die älteste und traditionellste Gruppierung der sizilianischen Mafia. Ein Hauptbetätigungsfeld ist der internationale Rauschgifthandel in Kooperation mit anderen Mafiagruppierungen. Besondere "Fähigkeiten" hat sie auch im Bereich der Geldwäsche durch den Aufbau von legalen Geschäftsstrukturen. Wesentliche Aktionsräume der Cosa Nostra sind - neben Italien - Südafrika, Kanada, die USA, Venezuela und Spanien.

Seit den 1970er Jahren hat die Costa Nostra auch feste Bezüge nach Deutschland. Deliktische Schwerpunkte sind hier insbesondere Raub- bzw. Banküberfälle und illegale Tätigkeiten in der Bauwirtschaft.

Neben der Cosa Nostra existieren weitere sizilianische Gruppierungen wie die Stidda und die Clans Cursoti und Laudani, welche auf dem Gebiet der Schutzgelderpressung und im Rauschgifthandel tätig sind. Insbesondere die Stidda hatte in der Vergangenheit ausgeprägte Beziehungen nach Deutschland.

Neapolitanische Camorra

Die aus dem Großraum Neapel stammende Camorra besteht aus Clans und Familien, die oftmals in Gebietsstreitigkeiten und interne Auseinandersetzungen verwickelt sind. Anders als bei der sizilianischen Mafia und der `Ndrangheta pflegen einige Camorra-Bosse einen eher auffälligen Lebensstil.

Tätigkeitsfelder sind in erster Linie Rauschgifthandel, Zigarettenschmuggel, illegale Müllentsorgung sowie Produkt- und Markenpiraterie und Geldfälschung. In den letztgenannten Deliktsbereichen arbeitet die Camorra teilweise mit anderen OK-Gruppierungen zusammen. Über Italien hinaus ist die Camorra hauptsächlich in Spanien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, in Osteuropa, den USA und in Lateinamerika tätig.

In Deutschland ist die Camorra seit der 1980er Jahren festzustellen, auffällig wurde sie hier insbesondere im Rauschgifthandel sowie durch Betrugsdelikte und Produktfälschungen.

`Ndrangheta aus Kalabrien

Die kalabrische `Ndrangheta ist derzeit die relevanteste Mafia-Gruppierung. Sie nimmt aufgrund ihrer direkten Kontakte zu den Produzenten eine dominante Stellung auf dem europäischen Kokainmarkt ein. Sie versucht, ihr Territorium auszuweiten und Einfluss auf kalabrische Migrantengemeinschaften auszuüben.

Die `Ndrangheta hat eine hierarchische Struktur und hat wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie fähig ist, Wirtschaft und Politik in Italien zu infiltrieren. Durch geschickte Investition ihres immensen Vermögens aus krimineller Herkunft in legale Wirtschaftszweige hat sie in Italien, auch in einigen Regionen Norditaliens, eine Art Monopol in ausgewählten Bereichen wie zum Beispiel dem Baugewerbe, dem Immobiliensektor und dem Transportsektor erreicht.

Die `Ndrangheta ist darüber hinaus hauptsächlich in Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Kanada, den USA sowie Kolumbien und Australien tätig.

In Deutschland sind seit den 1970er Jahren feste Bezüge der `Ndrangheta nachzuweisen. Sie gilt als die stärkste der italienischen Mafia-Gruppierungen in Deutschland, wobei hier der internationale Rauschgifthandel von herausragender Bedeutung ist.

Apulische Gruppierungen, z. B. Sacra Corona Unita

Die aus Apulien stammende OK wird häufig mit der Sacra Corona Unita gleichgesetzt, was jedoch nicht korrekt ist. Die Sacra Corona Unita ist eine der Gruppierungen, aber auch die Società Foggiana, die Camorra Barese und die Gargano Mafia gehören zur Apulischen OK.

Die Apulische OK ist traditionell in den Schmuggel von Zigaretten, Menschen, Rauschgift und Waffen sowie in die illegale Müllentsorgung involviert.

Verbreitung hat die Apulische OK in den Niederlanden, der Schweiz und in Albanien gefunden.

In Deutschland sind seit den 1990er Jahren Aktivitäten festzustellen.

Russisch-Eurasische Organisierte Kriminalität (REOK)

Das verbindende Element der Russisch-Eurasischen Organisierten Kriminalität (REOK) kann in den kulturellen Gemeinsamkeiten der Nachfolgestaaten der Sowjetunion (UdSSR) gesehen werden. Demnach fallen unter REOK alle OK-Strukturen, die von Personen dominiert werden, die hierdurch eine entsprechende Prägung erfahren haben. Ferner schließt diese Individuen ein, die außerhalb eines Nachfolgestaates der UdSSR geboren wurden, sich aber aufgrund ihrer Kultur, Geschichte, Sprache, Traditionen oder Vorfahren als Angehörige einer Volksgruppe der in Rede stehenden Länder betrachten.

Diebe im Gesetz

Ein maßgeblicher Bestandteil der REOK ist die Ideologie der traditionell als "Diebe im Gesetz" bezeichneten kriminellen Autoritäten. Diese orientieren sich an einem eigenen Normen- und Wertesystem und sehen sich einem selbst auferlegten Kodex verpflichtet. Mit dieser Ideologie sind die aus den lokalen Banden des post-sowjetischen Russland der 1990er Jahre hervorgegangenen kriminellen Organisationen, die sogenannten Syndikate, eng assoziiert.
Das Phänomen REOK umfasst alle kriminellen und damit zusammenhängenden legalen und illegalen wirtschaftlichen Aktivitäten, die unter diesem "Leitbild" subsumiert werden können. Ein zentrales Element stellt die sog. Diebeskasse - der "Obshyak" - dar. Hierbei handelt es sich um eine aus inkriminierten Geldern gespeiste Gemeinschaftskasse, auf die von den Gruppenmitgliedern je nach Hierarchie und besonderen Umständen zurückgegriffen werden kann. Alle Mitglieder bzw. Ebenen der streng hierarchisch aufgebauten und nach innen und außen abgeschotteten Organisationen sind verpflichtet, in diese Gemeinschaftskasse einzuzahlen.