Bundeskriminalamt (BKA)

Am 01. Mai 1999 ist der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 02. Oktober 1997 geschlossene "Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte" in Kraft getreten.

Nach der einheitlichen Europäischen Akte von 1986 (Binnenmarkt) und dem Vertrag von Maastricht von 1992 (Wirtschafts- und Währungsunion) stellt der Vertrag von Amsterdam einen weiteren Schritt zur Fortentwicklung der Europäischen Union dar. Im Vordergrund stehen dabei die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlamentes sowie die Überführung intergouvernementaler Instrumente, d.h. Einrichtungen, in denen verschiedene Länder auf Regierungsebene zusammenarbeiten, in das Gemeinschaftsrecht (EU-Recht). Im Ergebnis bedeutet dies, dass diese Einrichtungen der Kontrolle des EU-Parlaments/Rats unterstehen. Das jeweilige nationale Recht tritt zurück.

Mit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages bleibt das Nebeneinander des "Vertrags über die Europäische Union" (EUV) und des "Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften" (EGV) bestehen. Beibehalten wurde zudem die bisherige "Drei-Säulen-Konstruktion" der Europäischen Union.

Die Säulen der Zusammenarbeit der EU:

1. Säule: Wirtschaft- und Währungsunion (sog. Gemeinschaften)
2. Säule: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
3. Säule: Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz- und Inneres

Für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in den Bereichen Justiz und Inneres (ZBJI) bringt der Amsterdamer Vertrag folgende Änderungen mit sich:

  • Vergemeinschaftung (siehe Gemeinschaftsrecht) wesentlicher Teile der ZBJI im neuen Titel IV „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“ des EGV i.d.F. des Amsterdamer Vertrages
  • Reduzierung und Spezifizierung der 3. Säule der Union auf die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen
  • Überführung des "Schengen-Besitzstandes" ("Schengen Aquis") in das Gemeinschaftsrecht

Durch die Neuerungen im Titel IV des EGV i.d.F. des Amsterdamer Vertrages soll innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren sichergestellt werden, dass

  • Personen (seien es Bürger der Union oder Staatsangehörige dritter Länder) beim Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden
  • einheitliche Normen für die Durchführung von Personenkontrollen an den Außengrenzen festgelegt werden (insbesondere sollen die Visumvorschriften vereinheitlicht werden)
  • die Bedingungen der Reisefreiheit für Drittstaatsangehörige bei Aufenthalten von bis zu drei Monaten vereinheitlicht werden

Für die polizeiliche Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung ist der Titel VI "Bestimmungen über die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen" des EUV i.d.F. des Amsterdamer Vertrages.

Gemäß Art. 29 EUV i.d.F. des Amsterdamer Vertrages verfolgt die Union das Ziel, den Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu bieten. Zur Erreichung dieses Ziels werden die drei Mittel

  • engere Zusammenarbeit der Polizei, des Zolls und anderer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten (sowohl unmittelbar, als auch unter Einschaltung von Europol)
  • engere Zusammenarbeit der Justizbehörden
  • Annäherung der Vorschriften über Strafsachen

genannt.

Art. 30 EUV i.d.F. des Amsterdamer Vertrages beschreibt die polizeiliche Zusammenarbeit näher. Sie ist zweigleisig konzipiert und beruht auf der Verstärkung der Zusammenarbeit der nationalen Polizei-, Kriminalpolizei-, Zoll- und vergleichbarer Behörden einerseits und einem Ausbau der Kompetenzen von Europol andererseits. Für die Kompetenzerweiterung von Europol setzt der Amsterdamer Vertrag eine Frist von 5 Jahren nach seinem Inkrafttreten.

Neu ist, dass die EU-Kommission nunmehr ein umfangreiches Initiativrecht für Maßnahmen im Bereich Strafjustiz, Polizei und Zoll erhalten hat und zudem das Europäische Parlament vor dem Erlass von Rahmenbeschlüssen oder der Erstellung von Übereinkommen anzuhören ist.

In dem „Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der Europäischen Union“ zum Amsterdamer Vertrag haben die Mitgliedstaaten vereinbart, den Schengen Besitzstand (Schengen-Acquis) in den institutionellen und rechtlichen Rahmen der Europäischen Union (EU) zu übertragen.
Mit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages ist der Rat der Justiz- und Innenminister der EU an die Stelle des Schengen-Exekutivausschusses getreten.