Bamberg/Wiesbaden/München. Nach jahrelangen Ermittlungen der Zentralstelle Cybercrime Bayern und der Abteilung Cybercrime des Bundeskriminalamts wurde jetzt Anklage gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der „GermanRefundCrew“ und gegen einen weiteren Angeschuldigten erhoben, der die „GermanRefundCrew“ in einzelnen Fällen unterstützt und auch selbst beauftragt haben soll.
Die sieben Hauptangeschuldigten stehen im Verdacht, gewerbs- und bandenmäßig die Durchführung sogenannter Refund-Betrugstaten in der Telegram-Gruppe „GermanRefundCrew“ angeboten und jeweils einige hundert solcher Betrugstaten begangen zu haben. Beim Refund-Betrug handelt es sich um eine Erscheinungsform des Computerbetrugs, bei der die Täter Waren im Internet bestellen und im Anschluss eine Rücksendung nur vortäuschen, um eine Rückerstattung des Kaufpreises zu erhalten. Die Telegram-Gruppe „GermanRefundCrew“ wurde bereits am 29.10.2020 durch das Bundeskriminalamt geschlossen.
Mit den in der Telegram-Gruppe beworbenen Taten soll ein Gesamtschaden zum Nachteil zweier großer Online-Versandhändler im Zeitraum von Juli bis Oktober 2020 von rund 530.000 Euro verursacht worden sein. Für die kriminellen Dienstleistungen sollen die Angeschuldigten eine Provision in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Warenwert bzw. für einzelne besonders hochwertige Produkte auch in Form eines Festpreises verlangt haben. Den sieben Männern sollen so zwischen 2.245 Euro und 114.781,99 Euro zugeflossen sein.
Die sieben Hauptangeschuldigten im Alter zwischen 23 und 41 Jahren müssen sich nun vor dem Landgericht München II verantworten. Ihnen liegen zwischen 321 und 564 Fälle des banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrugs zur Last. Das Gesetz sieht hierfür jeweils eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor. Nachdem der jüngste Angeschuldigte zu den Tatzeitpunkten noch jünger als 21 Jahre alt war, hat eine Jugendkammer über die Zulassung der Anklageschrift zu entscheiden. Die Angeschuldigten stammen aus den Landkreisen Miesbach (Bayern), Neuwied (Rheinland-Pfalz), Recklinghausen (Nordrhein-Westfalen), Barnim (Brandenburg) Rhein-Neckar-Kreis (Baden-Württemberg), aus Bochum sowie aus Gelsenkirchen.
Ein achter Angeschuldigter – ein 37-Jähriger aus dem nordrhein-westfälischen Kreis Wesel – soll der „GermanRefundCrew“ in sechs Fällen bei der Abwicklung von Zahlungen geholfen haben. Er soll zudem selbst bei Waren in Gesamtwert von rund 8.000 EUR eine Rücksendung nur vorgetäuscht und die Waren in betrügerischer Absicht behalten haben. Ihm legt die Zentralstelle Cybercrime Bayern die Beihilfe zum banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrug in sechs Fällen und Computerbetrug in neun Fällen zur Last.
Alle Angeschuldigten sind strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Für sie gilt weiterhin die Unschuldsvermutung. Nachdem der Angeschuldigte aus dem oberbayerischen Landkreis Miesbach in der „GermanRefundCrew“ eine zentrale Rolle gespielt haben soll, wurde die Anklage zum Landgericht München II erhoben.
Die Ermittlungen gegen die Kunden der „GermanRefundCrew“, die deren Dienste für vorgetäuschte Retouren in Anspruch genommen haben, dauern an.
Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Diese Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der Landes- und Bundespolizei, des Bundeskriminalamts, des Zollfahndungsdienstes und mit internationalen Partnern, z.B. bei Angriffen auf bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der organisierten Cyberkriminalität. Auch dann, wenn bei Verfahren der Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig. Sie reichen von Hackerangriffen über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog. Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und Falschgeld im Darknet. Zudem ist die Zentralstelle Cybercrime Bayern für herausgehobene Fälle der Wirtschaftscyberkriminalität zuständig.
Seit dem 1. Oktober 2020 besteht bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern zudem das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet. Diese Spezialeinheit konzentriert sich insbesondere auf Betreiber und Nutzer von Darknet-Foren, die kinderpornografisches Material herstellen, posten oder damit handeln.
Derzeit sind 25 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und fünf IT-Forensikerinnen und IT-Forensiker bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern tätig.
Für Rückfragen steht Ihnen Leitender Oberstaatsanwalt Thomas Goger unter der Telefonnummer 0951/833-1451 oder über pressestelle@gensta-ba.bayern.de gerne zur Verfügung. Für Auskünfte zum gerichtlichen Verfahren wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Oberlandesgerichts München (Pressestelle@olg-m.bayern.de).
gez. Goger
Leitender Oberstaatsanwalt
Pressesprecher