Bundeskriminalamt (BKA)

Internationale Operation im Kampf gegen den Handel mit illegalen Arzneimitteln im Internet – weltweiter Einsatz der Strafverfolgungsbehörden unter Koordination von Interpol (Pangea IV)

  • Datum:29. September 2011
  • Ausgabejahr:2011

Der Einkauf von Arzneimitteln im Internet birgt Risiken! Dieser Problematik haben sich über 80 Länder weltweit angenommen und sind im Rahmen einer internationalen Aktionswoche gegen den Handel mit illegalen und gesundheitlich bedenklichen Arzneimitteln im Internet vorgegangen.
Die Ziele der Aktion waren, das Angebot illegaler Produkte zu unterbinden und das Bewusstsein der Bevölkerung für die mit dem Arzneimittelkauf im Internet verbundenen möglichen Gefahren für die Gesundheit zu schärfen.
Die Operation Pangea ist die bedeutendste Aktion zur Unterstützung der Internationalen Task-force zur Bekämpfung von illegalen Arzneimitteln (International Medical Products Anti-Counterfeiting Taskforce – IMPACT). Sie konzentriert sich auf Webseiten, über die illegale und bedenkliche Arzneimittel vertrieben werden. Der Fokus liegt auf den drei Hauptkomponenten des illegalen Internethandels: dem Internetdienstanbieter (ISP), den Zahlungssystemen und den Zustelldiensten.

Die Operation Pangea IV erfolgte vom 20.-27.09.2011 unter Koordination von Interpol, der Weltzollorganisation (WZO) und nationalen Arzneimittelüberwachungsbehörden sowie der pharmazeutischen Industrie und den Internet-Zahlungsabwicklern. Polizei, Zoll und Arzneimittelüberwachungsbehörden wurden bei ihren Ermittlungen von den Dienstleistungsunternehmen intensiv unterstützt.

Das Gesamtergebnis der weltweiten Operation stellt Interpol in seiner heute veröffentlichten Mitteilung vor (www.interpol.int).

In Deutschland bieten unzählige Seiten im Internet den Kunden die Möglichkeit, Arzneimittel mit oder ohne Rezept oder nach Konsultation des auf der Seite beworbenen "Online-Doktors" zu erwerben. Die professionelle Aufmachung der illegalen Seiten erschwert es den Kunden, seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden. Neben dem enormen gesundheitlichen Risiko besteht zusätzlich die Gefahr, dass persönliche Daten, z. B. Kreditkartendaten, in Täterhände gelangen und missbräuchlich verwendet werden.

Die Polizei in Deutschland hat im Jahr 2011 bis Mitte September 268 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz geführt, bei denen das Internet zur Tatausführung genutzt wurde. Die Betreiber der Webseiten stehen im Verdacht, in Deutschland nicht zugelassene sowie gesundheitlich bedenkliche Arzneimittel vertrieben zu haben. Die Angebote umfassen die gesamte Bandbreite des Arzneimittelspektrums. Darunter sind insbesondere leistungssteigernde und muskelaufbauende Arzneimittel sowie sogenannte Lifestyle-Arzneimittel, u. a. Arzneimittel zur Behandlung erektiler Dysfunktion, Haarwuchsmittel, Mittel zur Gewichtsreduktion und Appetitzügler.
Die Ermittlungen zeigen, dass die illegalen Arzneimittel überwiegend aus dem Ausland, größtenteils aus Indien, China, Osteuropa und Afrika, stammen. Erschwert werden sie durch konspirativ organisierte Handelsstrukturen und eine internationale Vorgehensweise der Täter.

BKA-Präsident Jörg Ziercke: "Das Internet als Handelsplattform nimmt stetig an Bedeutung zu. Durch den illegalen Arzneimittelhandel auf dieser Plattform wird die Gesundheit der Menschen in rücksichtsloser Weise gefährdet. Illegale Händler nutzen die Unbefangenheit der Patienten aus und bieten nicht zugelassene, gefälschte und gesundheitlich bedenkliche Arzneimittel zum Kauf an. Dieser grenzüberschreitenden Form der Kriminalität kann nur durch die kontinuierliche Zusammenarbeit und den ständigen Informationsaustausch aller beteiligten Behörden national und international begegnet werden. Patienten können sich schützen, indem sie Arzneimittel - auch über das Internet - nur bei zugelassenen Apotheken beziehen."

Auch der deutschen Zollverwaltung kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Filterfunktion für die Gesundheit der Verbraucher zu. Zwar werden die Medikamente über deutsche Internetseiten angeboten, deren Ursprung liegt jedoch im Ausland.
Unter der Federführung des Zollkriminalamts standen daher bundesweit die Post- und Kurierdienste im Fokus intensiver Kontrollen. Die beteiligten Zollstellen zogen allein in dieser Woche insgesamt 1.132 Brief- und Paketsendungen mit rund 53.500 Tabletten, Kapseln und Ampullen aus dem Ausland aus dem Verkehr. Das Gros der sichergestellten Arzneimittel lag mit rund 80 Prozent bei Potenzmitteln. Daneben wurden aber auch Schlaf-, Schmerz- und Diätmittel sowie Herzpräparate, Anabolika und Wachstumshormone aus dem Ausland bezogen.

Die Kunden scheint dabei im Wesentlichen der scheinbar problemlose Bestellvorgang und der häufig günstige Preis zu reizen, so dass jegliche gesundheitliche Bedenken außer Acht gelassen werden. Als "gesundheitlich bedenklich" wurden jedoch die meisten der beschlagnahmten Medikamente von den Untersuchungsbehörden eingestuft. Doch damit nicht genug: Jeder Import von in Deutschland nicht zugelassenen Medikamenten durch Privatpersonen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bestraft werden kann.

Von dieser Möglichkeit machen die zuständigen Behörden regen Gebrauch und ahnden Verstöße mit mindestens 35 Euro Bußgeld pro Bestellung.
Eine große Zahl derartiger Bußgeldbescheide wird auch in diesem Jahr nach der Kontrolloperation Pangea IV erwartet. Allein am Internationalen Postzentrum des Frankfurter Flughafens wurden in dieser Zeit 761 Postsendungen mit Medikamenten sichergestellt.

Die wachsende Bedeutung des Handels mit illegalen Arzneimitteln zeigt sich nicht nur an den Aufgriffen bei den Post- und Frachtzentren. Auch die Zahl der Ermittlungsverfahren des Zollfahndungsdiensts im Bereich der mittleren bis schweren Arzneimittelkriminalität steigt stetig - allein im Jahr 2010 um über 40 Prozent auf 914 Fälle (2009: 644), die Tendenz ist weiter steigend. Umfangreiche grenzüberschreitende Ermittlungen zu Potenz- oder Dopingmitteln stehen dabei im Vordergrund. So ermittelt die Zollfahndung Berlin-Brandenburg derzeit in einem Verfahren, das unter anderem die gleichzeitige Durchsuchung von 60 Objekten in Deutschland und Tschechien und sieben Verhaftungen einschließt. Die Täter erwirtschafteten mit ihrem illegalen Potenzmittelhandel mehrere Millionen Euro auf Kosten der Gesundheit ihrer Kunden.

Dazu der Präsident des Zollkriminalamts, Dr. Paul Wamers: "Dem Handel mit illegalen, zum Teil äußerst gefährlichen Arzneimitteln, die von skrupellosen Händlern via Internet vertrieben werden, muss endlich Einhalt geboten werden. Es ist daher mehr denn je die enge internationale Zusammenarbeit aller Ermittlungsbehörden erforderlich, um kriminellen Verkäufern und Organisationen das Handwerk zu legen, damit Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken und nicht zuletzt vor finanziellen Verlusten geschützt werden."

Bundeskriminalamt und Zollkriminalamt sind sich einig mit den für den Arzneimittelhandel zuständigen Stellen, der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (ABDA), dem Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA), dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen (LIGA), dass diesem Phänomen nur durch ein gemeinsames Vorgehen entgegengewirkt werden kann.

Verbraucher können sich auf den Internetseiten der genannten Stellen sowie auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information über den sicheren Handel mit Arzneimittel informieren und anhand der dargestellten Informationen "ihre" Online-Apotheke überprüfen (z. B. www.dimdi.de, www.bvdva.de/zugelassene-versandapotheken, www.arzneimittelsicherkaufen.de).

Erreichbarkeiten:
ZKA-Pressestelle: 0221/672 4050; E-Mail (pressestelle@zka.bfinv.de)
BKA-Pressestelle: 0611/551 3083; E-Mail (pressestelle@bka.bund.de)