Bundeskriminalamt (BKA)

Interview: "Wo Straftaten digital geplant, vorbereitet und begangen werden, müssen sie auch digital verfolgt werden können."

BKA-Präsident Holger Münch im Gespräch mit Cebit.de über Cybercrime und IT-Experten im BKA

Seit 2014 ist Holger Münch Präsident des Bundekriminalamts (BKA) und hat als eines der wichtigsten Felder seiner Tätigkeit die Bekämpfung von Cyber-Kriminalität definiert. Im Vorfeld seines Vortrags auf den CeBIT Global Conferences 2017 beschreibt er, wo die großen, digitalen Herausforderungen der Strafverfolgungsbehörden liegen, was das BKA unternimmt, um Cybercrime einzudämmen und wieso sich junge IT-Experten für eine Karriere bei der Polizei statt in der besser zahlenden Wirtschaft entscheiden sollen.

Cebit.de: Herr Münch, worüber werden Sie in Ihrem Vortrag auf den CeBIT Global Conferences sprechen?

Münch: Ich werde die aktuelle Lage im Phänomenbereich Cybercrime darstellen und über die Gegenstrategien der Sicherheitsbehörden und speziell des Bundeskriminalamtes sprechen. Welche Bedrohungen gibt es derzeit und wie begegnen wir ihnen? Was haben wir schon erreicht und wo besteht noch Handlungsbedarf?

Cebit.de: Sie schreiben in diesem Gastbeitrag auf cebit.de "Cyberangriffe und Cyberspionage stellen eine ernste Bedrohung für Staat und Wirtschaft dar". Welche der vielen Gefahren schätzen Sie im Jahr 2017 als die gefährlichste ein?

Münch: Cybercrime in all ihren Ausprägungen ist eine wachsende Industrie mit enormem Schadenspotenzial und derzeit noch viel zu geringen Risiken für Straftäter. "Klassische" Kriminalitätsphänomene wie Diebstahl, Betrug, Waffen- und Drogenhandel oder auch Kinderpornografie verlagern sich zunehmend ins Internet.
Auch im Bereich Terrorismus und Extremismus spielt das Netz eine immer größere Rolle als Plattform zur Verbreitung von Propaganda, als Ort der Radikalisierung, und als Ort, an dem zu Straftaten aufgerufen und an dem Straftaten geplant und Tatmittel beschafft werden. Darüber hinaus bedienen sich Straftäter zunehmend verschiedenster verschlüsselter Kommunikationskanäle, die mit unseren herkömmlichen Ermittlungsinstrumenten wie der klassischen Telekommunikationsüberwachung nicht mehr zugänglich sind.

Cebit.de: Was unternimmt das BKA, um diesen Gefahren entgegenzutreten?

Münch: Wo Straftaten digital geplant, vorbereitet und begangen werden, müssen sie auch digital verfolgt werden können. Das bedeutet zum einen, dass die Gesetzgebung der technischen Entwicklung nicht hinterherhinken darf, sondern Kriminalitätsbekämpfung im digitalen Raum auf eine solide rechtliche Grundlage stellen muss. Zum anderen muss die Polizei in der Lage sein, das, was sie rechtlich darf, in der Praxis auch anzuwenden.
Das bedeutet, wir müssen unsere Ermittlungswerkzeuge so neu- oder weiterentwickeln, dass sie im digitalen Bereich zielführend anwendbar sind. Der polizeiliche Bedarf an solchen Entwicklungen, gerade im IT-Bereich, ist immens. Hier tritt das BKA zunehmend als zentraler IT-Dienstleister in Erscheinung, der für die gesamte deutsche Polizei bedarfsgerechte Lösungen entwickelt und zur Verfügung stellt.
Darüber hinaus ist das Bewusstsein bzgl. der Gefahren und des Schadenspotenzials von Cybercrime bei vielen Wirtschaftsunternehmen und privaten Nutzern noch zu gering. Viele Cyberangriffe ließen sich mit einfachsten Mitteln abwehren, hier sollte jeder im eigenen Interesse auf präventive Maßnahmen setzen, bevor Schaden entsteht.

Cebit.de: Das BKA befindet sich im "War of Talents" in direktem Wettbewerb mit Startups und großen IT-Unternehmen. Wie würden Sie einen jungen IT-Fachmann überzeugen, zum BKA zu gehen?

Münch: Es ist kein Geheimnis, dass Behörden hinsichtlich der Bezahlung nicht mit Wirtschaftsunternehmen mithalten können. Doch die Bezahlung ist nicht der einzige Faktor, der bei der Wahl des Arbeitsplatzes eine Rolle spielt bzw. Arbeitsplatzzufriedenheit ausmacht. Und hier kommen wir ins Spiel: Die drei Buchstaben BKA stehen für Sicherheit und Kompetenz. Bei uns wird Sicherheit gestaltet. Wir arbeiten nahe am Zeitgeschehen, in einem hochspannenden Tätigkeitsfeld.
Zudem eröffnet die Vielfalt der Aufgaben im BKA unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein hohes Entwicklungspotenzial mit immer wieder neuen Herausforderungen ein ganzes Berufsleben lang. Darüber hinaus sind unsere Arbeitsplätze krisensicher und ermöglichen eine langfristige Lebensplanung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Cebit.de: Hate Speech und Fake News in den sozialen Medien haben die öffentliche Diskussion der letzten Monate bestimmt und werden von Ihnen auch in Ihrem Gastbeitrag angesprochen. Was unternimmt das BKA dagegen?

Münch: Laut Grundgesetz ist die Ausübung aller staatlichen Befugnisse grundsätzlich Ländersache. Das gilt auch bei der Verfolgung von Straftaten, die über das Internet begangen werden. Das BKA ist in Bezug auf strafrechtlich relevante Hasskommentare oder Fake News (sofern es sich um Verleumdung oder üble Nachrede handelt) im Internet nur zuständig, wenn eigene Ermittlungsverfahren betroffen sind. Allerdings unterstützt das BKA als Zentralstelle die Länder, bspw. durch die Bereitstellung der technischen Infrastruktur für den notwendigen Datenaustausch oder bei der Fortbildung.
Erhält das BKA im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung Kenntnis von Hasskommentaren oder Fake News, werden jedoch Maßnahmen ergriffen wie beispielsweise eine Beweissicherung, die die Strafverfolgung sicherstellen. Anschließend informieren wir die für die Bearbeitung örtlich und sachlich zuständigen (Länder-)Dienststellen.

Cebit.de: Welche Aussteller bzw. Ausstellungsbereiche werden Sie sich persönlich auf der CeBIT ansehen?

Münch: Bei der Vielzahl und Vielfalt an Ausstellern auf der CeBIT fällt die Wahl natürlich schwer. Ich werde einige Ausstellungsbereiche besuchen, die im Hinblick auf Cybercrime und Cybersicherheit interessant erscheinen und mich über neueste Entwicklungen auf dem Markt informieren.